Wien entdecken in fünf Tagen

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Wien in fünf Tagen - eine Reisereportage | Anouk Kaan

Wien – schon der Name duftet nach Wiener Melange und Kaiserschmarrn. Weil Kulinarik nicht alles ist, habe ich im Vorfeld des Kurzurlaubs gegoogelt. Schnell merkte ich, dass Wien zu viel zu bieten hat, um ein Fünftagesprogramm vom Schreibtisch aus zu planen. Erinnerungen und die Vorfreude müssen für den fünftägigen Trip vorerst reichen.

Ankommen in Wien


Der Sonne entgegen

Der Sonne entgegenzufliegen hat was und entschädigt für das frühe Aufstehen. Am Horizont ein verheißungsvoller Silberstreif und unter uns, gestochen scharf, die letzten schneeüberzuckerten Ausläufer der Alpen; kurze Zeit später überfliegen wir den Stadtrand von Wien.
Österreichs Hauptstadt empfängt uns mit einstelligen Temperaturen und eisigem Wind. Es ist zehn vor acht und kurz nach der Landung sitzen wir in der S7 in Richtung Wien Mitte.

Ankunft in Wien - Wien in fünf Tagen
Wien aus der Vogelperspektive kurz vor der Landung

Der Weg von der Haltestelle zum Hotel römischer Kaiser in der Annagasse ist eine Reise durch die Wiener Architekturgeschichte. Nach dem Stadtpark werden die zeitgenössischen Häuserfronten durch reich verzierte Fassaden der Gründerzeit abgelöst. Wir deponieren unsere Rucksäcke bis zum Einchecken am nachmittag im Hotel und machen uns auf die Suche nach einem Kaffeehaus.

Ein üppiges Wiener Frühstück im Bauch bummeln wir ein Stück bis zur Touristinfo am Albertinaplatz. Uns fröstelt, doch die Sonne scheint vom unwirklich blauen Himmel und verspricht ein bissel Wärme.

Bewaffnet mit zwei Stadtplänen und einem Büchlein mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten schmieden wir bei einer Wiener Melange den Schlachtplan für die nächsten Tage.


Wien – wo fangen wir an?

Schnell stellen wir fest, dass fünf Tage gerade für ein paar der Hauptattraktionen ausreichen. Um keine Zeit zu verlieren, starten wir mit dem nächstgelegenen Museum, der Albertina.

Kunst, Kultur und Schlösser


Wiens must see

Die Albertina ist ein ehemals habsburgisches Palais an der südlichen Spitze der Hofburg und nicht zu übersehen. Von einer Erhöhung begrüßt uns vom Pferd aus Kaiser Franz Joseph I., dessen Statue direkt vor dem Eingang steht.

Die Statue von Kaiser Franz Joseph I. vor der Albertina
Kaiser Franz Joseph I. und im Hintergrund die Albertina

Die Ausstellung beinhaltet Gemälde von Chagall, Picasso, Monet und anderen Künstlern. Man muss kein Kunstkenner sein, um sich von den Werken und den, vereinzelt tragischen, Lebensgeschichten der Maler beeindrucken zu lassen.

Gegen halb zwei sitzen wir zu Kaiser Franz Josephs Füßen, vielmehr zu den Hufen seines Pferdes. Die Sonne scheint und irgendwie sind wir tiefengechillt. Wir sehen zu, wie eine junge Frau versucht, ihre Freundin, die einen lässig drapierten Schleier trägt, zu fotografieren. Der Wind verwirbelt den Stoff und verdeckt jedes Mal, wenn sie sich in Pose geworfen hat, das lachende Gesicht.

Wir sind müde, mental erschöpft aber sauglücklich und in Wien angekommen.
Nach dem Einchecken im Hotel laufen wir lange durch Wien, und lassen den Abend im Basteibeisl ausklingen.


Was machen Ägytper in Wien?

Die Sonne strahlt, der Wind hat nachgelassen, doch leider vergessen, die Kälte mitzunehmen. Es ist Nationalfeiertag in Österreich und ein paar Museen und die Hofburg haben geschlossen, weil auf dem Heldenplatz eine Veranstaltung des österreichischen Bundesheeres stattfindet.

Ausgeschlafen und voller Tatendrang starten wir den Tag stilecht mit einem opulenten Frühstück im Kaffee Mozart, gleich neben dem Hotel Sacher. Die nächsten vier Stunden gehören dem kunsthistorischen Museum, das dieses Jahr 130 Jahre alt wird.

Zwei gegenüberliegende Gebäude - naturhistorisches und kunsthistorisches Museum Wien
Ein Blick auf das naturhistorische Museum. Das baugleiche kunsthistorische Museum steht gegenüber

Die stattliche Sammlung ägyptischer Altertümer, römischer und keltischer Kunst bis hin zu den zeitgenössischen Malern ist umwerfend! Die hervorragend in Szene gesetzte Ausstellung ist bestens erklärt derart umfangreich, dass vierzehn Tage nicht reichen würden, um alles zu sehen und zu erfahren.


Der Wiener Wurstelprater

Weg von der Kunst, rein ins Vergnügen, wir brauchen ein Kontrastprogramm, damit die Eindrücke der Kunstmuseen sich setzen können. Der Wiener Prater ist der zweitälteste Vergnügungspark der Welt und früh am Morgen nicht überlaufen.

Wir entscheiden uns, mit dem moderneren Riesenrad zu fahren, denn das Panorama mit dem Wiener Wahrzeichen, dem Riesenrad von 1897 ist interessanter fürs Foto.

Eines der Wahrzeichen Wiens - das Riesenrad im Prater
Eines der bekanntesten Wahrzeichen Wiens – das Riesenrad im Prater

Gestärkt mit einem Käsekrainer an einem der Würstchenstände besuchen wir das Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud.

Die Nachbildungen wirken derart echt, dass ich aus der Entfernung die wartende Angelina Jolie am Eingang für lebendig halte. In den nächsten zwei kurzweiligen Stunden fotografieren wir uns gegenseitig neben zahlreichen Größen aus Politik, Film und Geschichte.


Hundertwasser – Village in Wien

Zahlreiche Zitate und Lebensanschauungen von Friedensreich Hundertwasser begleiten die Ausstellung im Kunsthaus Wien, dem Museum Hundertwasser. Der Maler und Architekt ließ sich unter anderem von der Natur inspirieren, die er meisterhaft in seine Bauwerke integrierte.


„Die grade Linie ist der Untergang der Menschheit „

Friedensreich Hundertwasser

Ein paar Schritte vom Kunsthaus entfernt liegt Hundertwasser Village. Das Haus ist bewohnt, die Fassade mit dem davorliegenden Platz wirkt bunt und verspielt. Gegenüber hat der Künstler eine alte Reifenfabrik umgebaut. Unter bewaldetem Dach laden verschiedene Geschäfte und Cafés zum Verweilen ein.

Bunt, verspielt und mitnichten langweilig - das Hundertwasserhaus in Wien
Bunt, verspielt und mitnichten langweilig – das Hundertwasserhaus

Es ist spät, uns bleibt kaum Zeit für Hundertwasser Village und das Licht reicht gerade noch für ein paar Fotos. Wir fühlen uns wie in einem Gemälde, ohne uns für diesen Eindruck anstrengen zu müssen.


Schönbrunn muss warten

Die Sonne scheint, der Wind hat sich gelegt, ein Versprechen für einen warmen Herbsttag, den wir bevorzugt draußen verbringen wollen.

Vor dem Schloss Schönbrunn entscheiden wir uns spontan, statt einer langen Führung durch die Innenräume das Schloss Belvedere mit seinen beiden Häusern und dem weitläufigen Park zu besuchen.

Das untere Gebäude ist geschlossen und im Laufe der Besichtigung finden wir neben einer Ausstellung von Kirchenkunst einige bekanntere Gemälde.

Der Park zwischen den beiden Gebäuden von Schloss Belvedere
Der Park zwischen den beiden Gebäuden von Schloss Belvedere

Wir genießen den warmen Herbsttag im Park und ich versuche mit der Kamera an einem der Springbrunnen die Wassertropfen einzufangen, die in der Sonne glitzern und funkeln. Ein Hochzeitspaar wirft sich in Pose vor dem Schloss und dem Fotografen; der Ausblick auf Wien ist grandios, ein idealer Platz zum chillen.

Das beste kommt zum Schluss


Das naturhistorische Museum Wien

Der letzte Tag ist angebrochen, der Flug geht erst um 20:40, ein paar Stunden Zeit für das naturhistorische Museum. Hier war ich als Teenager gleich zweimal hintereinander und habe dafür Schönbrunn ausgelassen.

Naturhistorisches Museum Wien

Die umfangreiche Sammlung startet mit der Zelle als Ursprung des Lebens und endet mit der Ausbreitung des modernen Menschen. Dazwischen finden sich Präparate aller Art, oft ausgestellt in ihrer natürlichen Umgebung und in der paläontologischen Abteilung beeindrucken gigantische Saurierskelette.

Die Krönung ist ein lebensechter, bewegliche Dinosaurier, der so lebendig wirkt, dass selbst größere Kinder im Saal ein bisschen Angst bekommen.

In diesem Museum erwartet mich ein besonderes Highlight. Im Sommer entdeckten wir bei einer Radtour durch die Wachau den Ort Willendorf und das Venusium. Hier wurde beim Bau der Eisenbahn eine elf Zentimeter hohe Steinskulptur gefunden, deren Alter man auf 45.000 Jahre schätzte und sie „Venus von Willendorf“ taufte. Heute ist bekannt, dass die Dame 29.500 Jahre alt ist.

Die Venus von Willendorf im naturhistorischen Museum Wien
Die Venus von Willendorf

Ich war begeistert, denn vor Jahren las ich die Kinder der Erde von Jean M. Auel, wo ich das erste Mal auf das Figürchen aufmerksam wurde. In den Romanen um das Steinzeitmädchen Ayla ließ sie einen Protagonisten eine ähnliche Figur erschaffen und im Anhang des Romans war die Venus von Willendorf dargestellt. Die Bücher sind eine Top – Leseempfehlung für alle, die sich für die Herkunft des Menschen interessieren.

Leider war die Skulptur in Willendorf eine Replik, doch hier, im naturhistorischen Museum von Wien, steht das Original.

Die echte Venus von Willendorf hinterlässt bei mir einen tiefen Respekt für die Menschen von einst, die sich vom heutigen Menschen nicht unterscheiden.


Wien ist mehr wie eine einzige Reise wert

Wien hat meine Erwartungen nicht erfüllt, sondern weit übertroffen! Die agile Metropole schafft den Spagat zwischen Tradition und Neuzeit und verkörpert ein Stück österreichischer, deutscher und europäischer Geschichte.

Mit unzähligen Museen, Ausstellungen und dem ältesten Zoo der Welt ist Wien meine absolute Empfehlung für einen kurzen oder längeren Trip. In vielen Museen ist der Eintritt für Kinder und Jugendlich unter 19 Jahren gratis.

Wir werden Wien bald wieder besuchen und erneut mit dem Gefühl zurückfliegen, so manches nicht gesehen zu haben.

Meine Tipps für Wien

  • Für Menschen unter 19 Jahren und über 65 Jahren sind beispielsweise Fahrkarten und zahlreiche Museen vergünstigt. In der Touristinfo wird die Vienna – Card angeboten, die viele Vergünstigungen und freie Fahrt mit den Öffies verspricht. Es gilt nur eine Vergünstigung, dass heißt, in vielen Museen lohnt sich die Vienna – Card nicht, da nur der Altersrabatt oder die Karte greift.
  • Die öffentlichen Verkehrsmittel sind günstig. Zahlreiche Highlights sind zu Fuß zu erreichen und das Laufen durch Wiens Gassen ist ein Erlebnis. Auch hier solltet ihr genau prüfen, ob sich die Vienna – Card wirklich lohnt.
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  • Mindestens zwei Stunden für kleine (Hundertwasser – Museum) und vier Stunden für große Museen (Kunsthistorisches Museum) einplanen, wenn man nicht im Schweinsgalopp durch die Sehenswürdigkeiten rasen will.
  • Fahrten mit dem Fiaker sind mit 55,00 € für 20 Minuten kostspielig. Meiner Meinung nach verhält es sich wie mit dem Riesenrad im Prater. Anschauen ist schön, drinnen sitzen ist eher unbequem. Unterbringung und Überlastung der Pferde oder deren Hinterlassenschaften auf den Straßen stehen zunehmend in der Kritik.
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Ein Tipp zum Schluss

Das Fenstercafé ist das kleinste Café in Wien.
Das kleinste Café von Wien


Eine ausgezeichnete Melange und andere Kaffeespezialitäten gibt es im Fenster Café in der Griechengasse. Das kleinste Wiener Café ist Kult und die Bezahlung findet ausschließlich bargeldlos statt.