Abstand wahren ist im Winter der beste Schutz vor Erkältungen und engerer Kontakt lässt sich in Menschenansammlungen oft nicht vermeiden. Prinzipiell will ich selber entscheiden, wer mir nahekommen darf und zu wem ich lieber Distanz wahre. Was mich stört, ist die bewusste oder unbewusste Ignoranz und die Respektlosigkeit bei zufälligen Begegnungen.
Laufen ohne Regeln
Abstand halten wie die Ameisen!
Die Fußgängerzone ist belebt, die Menschen laufen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, vorwiegend in zwei Richtungen und des Weiteren kreuz und quer.
Der eine konzentriert sich aufs Handy statt auf den Weg, ein anderer, rund eins achtzig langer Kerl sieht partout nicht nach unten, wo ich mich nun mal befinde. Zwei flippig gekleidete Freundinnen kommen mir, vertieft in eine angeregte Unterhaltung, entgegen. Eine schaut kurz auf. Der Ausdruck ihres sorgfältig geschminkten Gesichts verdeutlicht, dass ich gefälligst Platz zu machen habe und sie läuft, ohne die Absicht, einen halben Schritt zur Seite zu gehen, gradewegs auf mich zu.
Wie üblich weiche ich aus, weil mich das Niveau der körperlichen Auseinandersetzung mit Wildfremden abstößt. Als Frau bin ich ohnehin zum Pazifismus erzogen worden und gehe eher zur Seite. Hinzu kommt, dass der provozierte Zusammenstoß für manchen Macho Mittel zum Zweck ist.
Abstand halten – was mich wütend macht
Durch meine Körpergröße von kanpp eins sechzig endet der Überblick in Menschenmassen oft an Knopfreihen oder großflächigen Rücken. Das nervt zwar, doch damit lebe schon ich ein paar Jährchen und habe diesen Umstand akzeptiert. Und ich fühle mich nicht als Kind behandelt, wenn mich jemand größerer vorlässt, was erfreulicherweise hin und wieder passiert.
Stinksauer bin ich jedes Mal, wenn manche Gestalten ihr Territorialverhalten ausleben. Das zufällige Zusammentreffen wird zur Demonstration von Macht, Menschen gegenüber, denen man niemals vorher begegnet ist. Und die einem mit hoher Wahrscheinlichkeit nie wieder über den Weg laufen werden.
Die richtige Distanz
Abstandsregeln für Fußgänger
Der falsche Abstand vom Fernseher zur Couch, von Nachbars Hecke zum eigenen Grundstück oder zum vorausfahrenden Fahrzeug können unerwünschte Folgen nach sich ziehen, und werden aus diesem Grund respektiert.
Bei der Recherche, ob „in den Weg stellen“ strafbar ist, fand ich jede Menge Hinweise zum Verkehrsrecht und über Nötigung, wenn beispielsweise eine Fahrbahn durch eine Sitzblockade versperrt wird.
Das Laufen innerhalb von Menschenmengen scheint, welch Wunder, gesetzlich nicht geregelt zu sein. Demzufolge ist das Wahren der erträglichen Distanz zum Mitmenschen eine Frage der Erziehung.
Die richtige Distanz zu Mitmenschen
Proxemik – die Abstandsregeln nach Hall
Der Anthropologe Edward T. Hall prägte in den 1960er Jahren den Begriff Proxemik. Im Rahmen der Forschungen legten er und weitere Wissenschaftler für Nord- und Mitteleuropäer sowie Nordamerikaner geltende Abstandsregeln fest.
Die Proxemik unterteilt die Abstände zwischen Menschen in vier Zonen und jeweils eine nahe und weite Distanz. Diese Abstände werden beispielsweise bei der Gestaltung von Büroarbeitsplätzen oder allgemein im Geschäftsleben zu Grunde gelegt.
Fazit
Der Umstand Abstand ist Anstand und im Fokus stehen Rücksichtnahme und Respekt. In der Hektik des Alltags wird das häufig vergessen, wobei Platzhirsche, Ultrafeministinen und Machos absichtlich nicht aus dem Weg gehen.
Es wäre supertoll, wenn nach Corona die Abstandsregel von 1,50 Metern weiterhin eingehalten würde und mir niemand mit dem Einkaufswagen an der Kasse in die Hacken fährt. Für mich ist klar geworden, dass ich auch in Zukunft Platz machen werde, und hoffe auf mehr Achtsamkeit bei den Menschen, die Respekt und Anstand gelernt haben.